Ob klassisches Mehrfamilienhaus (MFH) oder Wohneigentümergemeinschaft (WEG): Wo mehrere Einheiten in einem Haus liegen, gelten in punkto Corona Besonderheiten.
Anfang Mai 2020 machte ein Hochhaus im Ruhrgebiet von sich reden: Der Bau stand komplett wegen mehrerer Corona-infizierter Bewohner unter Quarantäne. Deren Einhaltung kontrollierte ein Sicherheitsdienst, das Grundstück war mit einem blickdichten Bauzaun abgesperrt. Diese dramatischen Zustände ließen vor allem Vermieter und Wohnungseigentümer aufschrecken: Was bedeutet die nachgewiesene Covid-19-Erkrankung von Mietern für den oder die Eigentümer?
Covid-19 im Mehrfamilienhaus: Darauf müssen Vermieter jetzt achten
Zunächst gibt es eine Entwarnung. Denn Fälle wie in besagtem Hochhaus bilden die Ausnahme – in der Regel wird keine behördliche Quarantäne für das ganze Haus verhängt, wenn ein Mieter an Covid-19 erkrankt ist. In diesem Fall sind die erkrankte Person sowie ihre häusliche Gemeinschaft dazu angehalten, sich für 14 Tage beziehungsweise bis zum negativen Corona-Test ausschließlich in ihrer Wohnung aufzuhalten. Wie lange die häusliche Quarantäne andauert, legt das Desinfektionsmaßnahmen fest. Da der Betroffene seine Wohnung überhaupt nicht verlassen darf, ist kontaktlose nachbarschaftliche Unterstützung gefragt. Darüber könnte der Vermieter zum Beispiel durch einen Aushang informieren, eine Pflicht ist es jedoch nicht.
Laut dem Berliner Mieterverein müssen Vermieter die restliche Hausgemeinschaft nur dann über eine potenzielle Gefährdung durch ein infiziertes Mitglied der Hausgemeinschaft informieren, wenn deren Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Schutzpflichten wie etwa die Desinfektion von Gemeinschaftsflächen müssen Vermieter nur in Einzelfällen befürchten. Das allgemeine Infektionsrisiko – etwa im Treppenhaus durch einen notwendigerweise unterschrittenen Mindestabstand – muss und kann der Vermieter nicht ausschließen. Somit gilt das allgemeine Infektionsrisiko auch im Mehrfamilienhaus als sogenanntes Lebensrisiko jeder einzelnen Person. Allgemeine Hygieneregeln und umsichtiges Verhalten sind durch jeden Mieter selbst sicherzustellen.
Corona und das Mietverhältnis – Vermieter müssen sich auf Sonderregelungen einstellen
Ein Beispiel: Mietminderungen wegen aus Infektionsschutzgründen gesperrter Flächen wie dem Innenhof oder dem Kinderspielplatz. Nach der Auffassung des Berliner Mietervereins liegt ein Mangel der Mietsache vor, wenn diese Flächen nicht vertragsgemäß genutzt werden können – selbst bei einer vorliegenden behördlichen Anordnung. Weil dieser Mangel objektiv ermittelt wird, wird normalerweise eine Mietminderungsquote von bis zu fünf Prozent anerkannt. Anders verhält es sich, wenn einzelne Mietparteien aufgrund ihrer Covid-19-Quarantäne ihre Wohnung nicht verlassen dürfen und somit die Angebote zeitweilig nicht nutzen können. Außerdem darf kein Mieter seine Miete mindern, weil sein Nachbar mit dem Coronavirus infiziert ist.
Umzüge sind auch während der Pandemie möglich – es gibt aber Besonderheiten. Zum Beispiel kann von Mietern, die an Covid-19 erkrankt sind, nicht verlangt werden, dass sie ihre bereits gekündigte Wohnung fristgerecht räumen: Das Recht auf körperliche Unversehrtheit geht vor. Andersherum darf der Umzug in eine neu vermietete Wohnung grundsätzlich auch während der Pandemie erfolgen. Besteht eine Ausgangssperre, darf er allerdings ausschließlich durch ein professionelles Umzugsunternehmen durchgeführt werden.
Was Mieter zu Corona-Zeiten beachten sollten
In der aktuellen Krise sind hinsichtlich des Wohnens und Gesundbleibens neben den Vermietern auch die Mieter gefragt. Was können sie tun, um sich und ihre Nachbarn gesund zu erhalten? Obwohl Mieter nicht dazu verpflichtet werden können, Gemeinschaftsbereiche wie Treppenhäuser oder Waschküchen regelmäßig zu desinfizieren, können sie sich und ihren Nachbarn mit Freiwilligkeit einen großen Gefallen tun. Sie könnten sich zum Beispiel dazu verabreden, dass alle Mieter regelmäßig sämtliche Griffe oder Geländer ihrer Etage desinfizieren. Wo Kehrwochen praktiziert werden, könnten die Mieter mit viruziden Reinigungsmitteln wischen.
Da auch der Abstand in der Infektionsbekämpfung eine große Rolle spielt, sollte jeder Mieter sich daran halten. Zum Beispiel im Treppenhaus: Da hilft das Warten im Zwischengeschoss, um nicht zu dicht aneinander vorbeizugehen. Es wird außerdem empfohlen, den Aufzug aktuell nicht zu benutzen, falls möglich. Denn in diesem kleinen geschlossenen Raum kann der geforderte Mindestabstand nicht eingehalten werden – das Coronavirus kann dort leicht übertragen werden. Knöpfe, Türklinken oder Geländer sollten in Mehrfamilienhäusern ebenfalls nicht angefasst werden. Wenn es sein muss, dann nur mit Handschuhen oder zum Beispiel dem Ellenbogen. Das gilt auch für das Betätigen der Gemeinschaftswaschmaschine.
Wurde einem Mitglied der Hausgemeinschaft aufgrund seiner Covid-19-Erkrankung Quarantäne verordnet, können die Nachbarn helfen – allerdings kontaktlos. Sie können für die Betroffenen einkaufen und die Einkäufe dann vor die geschlossene Tür stellen. Außerdem können sie den Briefkasten leeren und die Briefe vor die geschlossene Wohnungstür legen. Allerdings muss der Briefkastenschlüssel vorher desinfiziert werden.
Mietzahlungsschwierigkeiten und besonderer Kündigungsschutz
Klar ist: Mieter müssen auch in Corona-Zeiten grundsätzlich ihre Miete weiterhin bezahlen – auch dann, wenn das Einkommen sich durch die Auswirkungen der Pandemie rapide verschlechtert. Ist dieses aber der Fall, greift eine zum 1.4.2020 in Kraft getretene besondere Mieterschutzregelung. Sie ist zeitlich befristet und sorgt dafür, dass weitgehend nicht wegen Corona-bedingtem Zahlungsverzug gekündigt werden darf.
Nicht selten brauchen Mieter einen Fachmann an ihrer Seite, also einen auf Mietrecht spezialisierten Anwalt. Informationen zum Mietrecht aus ersten Hand nützen oft am meisten. Scheuen Sie sich also nicht, bei Problemen einen versierten Anwalt einzuschalten.
Allerdings sind hierfür auch Mieter in der Pflicht: Sobald ihnen Zahlungsschwierigkeiten, etwa wegen Kurzarbeit, bekannt werden, müssen Sie mit dem Vermieter Kontakt aufnehmen, um die Situation zu klären. Der besondere Kündigungsschutz gilt vorerst bis zum 30.6.2020. Um in den Genuss des Schutzes zu kommen, müssen Mieter allerdings nachweisen, dass ihre Zahlungsprobleme im direkten Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Hierfür dürfen Vermieter entsprechende Nachweise zur Glaubhaftmachung verlangen. Übrigens können auch Eigenheimbesitzer finanzielle Erleichterungen in Anspruch nehmen, sofern sie sich wegen der Coronapandemie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden.
Wie wirkt die Corona-Krise sich auf WEGs aus?
In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) ist das Vorgehen zu Pandemie-Zeiten ähnlich geregelt wie in Mietshäusern. Dennoch ist der Verwalter verstärkt gefragt: Er ist zwar nicht verpflichtet, Maßnahmen zur Vermeidung von Corona-Infektionen in der Wohnungseigentumsanlage zu ergreifen. Wohl aber ist es sinnvoll, wenn der Verwalter Informationsmaterial anbietet, zum Beispiel als Aushang. Dieses kann zum Beispiel aus Anleitungen zu hygienischen Vorsichtsmaßnahmen bestehen: Händewaschen, Abstand einhalten, Kontaktvermeidung, ggf. Desinfektionsmaßnahmen. Auch sinnvoll wäre das Bekanntgeben der aktuellen Bundes- und Landesbestimmungen zur Pandemieabwehr.
Die WEG-Verwaltung könnte überdies kürzere Reinigungsintervalle anordnen und auf das Putzen mit „begrenzt viruzidem“ Reinigungsmittel bestehen. Werden gesetzliche Sperren von Gemeinschaftsflächen wie Spielplätzen angeordnet, so muss die WEG-Verwaltung dies natürlich umsetzen. In Einzelfällen ist es möglich, dass Ordnungsbehörden der WEG-Verwaltung und den Eigentümern aus Infektionsschutz-Gründen besondere Pflichten und Maßnahmen auferlegen.
Erkranken einzelne Eigentümer oder Bewohner in dem Objekt an Covid-19, so muss sich die zuständige Gesundheitsbehörde um alle Maßnahmen zum Infektionsschutz, also etwa die Einhaltung der häuslichen Quarantäne, kümmern. Die WEG-Verwaltung ist lediglich als Unterstützung gefordert. Tritt in der Anlage ein Todesfall ein, so muss der Verwalter Behörden und Angehörige – bei bekannten Adressen – davon in Kenntnis setzen. Die anderen Eigentümer sind dazu nicht verpflichtet. Des Weiteren sollte der WEG-Verwalter unter Wahrung des Datenschutzes die Behörden darauf aufmerksam machen, wenn einzelne Bewohner die Herausforderungen der Corona-Pandemie nicht ernst genug zu nehmen scheinen.
Wie WEGs agieren wegen Corona ohne Wohnungseigentümerversammlung
Viele Eigentümer dürften sich fragen, wie ohne Versammlungen derzeit Beschlüsse gefasst werden können – da Eigentümerversammlungen aktuell öffentlich-rechtlich verboten sind. Eine Online-Versammlung kann nicht als Ersatz dienen, weil das zugehörige Gesetz aus dem Jahr 1951 diese Kommunikationsform naturgemäß noch nicht kannte.
Um diese Zeit zu überbrücken, gelten bisher beschlossene Wirtschaftspläne so lange fort, bis ein neuer Beschluss gefasst werden kann (Art. 2 § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, Deutscher Bundestag, Drucksache 19/18110 vom 24. 3. 2020). So kann die WEG sich weiterhin finanzieren. Wird eine Jahresabrechnung zum Beispiel für die Steuer vorher benötigt, so kann sie derzeit auch in nicht beschlossener Qualität zur Verfügung gestellt werden.
Fazit: Halten alle sich an die Regeln, ist die Ansteckungsgefahr relativ gering
Eine dramatische Seuchen-Entwicklung wie in den betroffenen Hochhäusern am Niederrhein und im Ruhrgebiet dürften die Ausnahme in Mietshäusern bleiben – wenn jeder sich an die Verhaltensvorgaben in seinem Bereich hält.
Anmerkung der Redaktion: Der Autor dieses Textes ist kein Steuerberater und auch kein Rechtsanwalt, sondern Wirtschafts- und Finanzjournalist. Finanzjournalisten ist rechts- und steuerberatende Tätigkeit per Gesetz untersagt. Der Text dient lediglich der Information von Steuerzahlern und (angehenden) Bauherren oder Immobilienkäufern. Eine Beratung oder gar konkrete Empfehlungen enthält der Text nicht. Diese sind auch nicht beabsichtigt. Obwohl die für den Text verwendeten Quellen als zuverlässig gelten, wird keine Garantie für die Richtigkeit übernommen. Die Ausführungen und Erklärung können und sollen das Gespräch mit einem Steuerberater und/oder Rechtsanwalt nicht ersetzen.