Schmerzen beim Treppensteigen können den Umzug einer Leistungsempfängerin nach Hartz IV rechtfertigen. Eine höhere Miete muss das Jobcenter akzeptieren, urteilte das Sozialgericht (SG) Gießen.
Mit zunehmendem Alter wachsen auch die körperlichen Beschwerden. So ist das Treppensteigen beispielsweise äußerst mühsam und beschwerlich. Manchmal verursacht es auch große Schmerzen. Denkbar ungünstig, falls die Wohnung in einer oberen Etage liegt und das Haus keinen Aufzug hat. In einem solchen Fall gibt es letztlich nur eine Alternative: Umzug möglichst in eine Parterre-Wohnung, die bequem und ohne Mühe zu erreichen ist.
Schmerzen beim Treppensteigen: Der Fall vor dem Sozialgericht Gießen
Eine 59-jährige Frau lebte gemeinsam mit ihrem Sohn in einer Mietwohnung. Die Wohnung befand sich 4. Stock eines Wohnhauses. Das Wohnhaus hatte keinen Aufzug. Die Frau war Leistungsempfängerin nach Hartz IV. Das Jobcenter übernahm die Hälfte der Unterkunftskosten (inklusive Heizkosten) von insgesamt knapp 200 Euro. Die andere Hälfte zahlte der Sohn.
Als die Schmerzen beim Treppensteigen unerträglich wurden, entschied sich die Frau für den Umzug in eine bequemer zu erreichende Wohnung. Die Miete dieser Wohnung sollte aber inklusive Nebenkosten rund 600 Euro im Monat betragen, monatlich gut 200 Euro mehr als für die alte Wohnung im 4. Stock. Als Empfängerin von Hartz IV-Leistungen beantragte die Frau die Genehmigung des Umzugs und auch die anteilige Übernahme der höheren Unterkunftskosten. Das Jobcenter lehnte ab. Aus seiner Sicht war der Umzug in die neue und teurere Wohnung nicht nötig.
Sozialgericht Gießen: Umzug wegen Schmerzen beim Treppensteigen ist notwendig
Die 59-jährige Hartz IV-Empfängerin klagte vor dem Sozialgericht Gießen. Hier argumentierte sie wie bei ihrem Antrag auf Erlaubnis zum Umzug und zur Akzeptanz der höheren Miete durch das Jobcenter. Das Gießener Sozialgericht holte Befundberichte von drei unterschiedlichen Ärzten ein. Unter anderem von einem Orthopäden, bei dem die Hartz IV-Empfängerin schon seit Längerem in Behandlung war. Der Orthopäde hatte einen Knorpelschaden im linken Kniegelenk und auch Störungen an der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Nach seiner ärztlichen Meinung war die Frau nicht in der Lage, beschwerdefrei und schmerzfrei ihre Einkäufe in den 4. Stock des Wohnhauses zu tragen.
Unter dem Aktenzeichen S 25 AS 832/12 ER entschied das Sozialgericht Gießen, dass der Umzug der Frau in eine bequemer zu erreichende Wohnung gerechtfertigt war. Das zuständige Jobcenter wurde dazu verurteilt, die nunmehr höheren anteiligen Unterkunftskosten von knapp 300 Euro monatlich zu übernehmen.
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