In Deutschland konnte selbst Covid-19 den Boom bei den Baufinanzierungen nicht stoppen. Doch wie geht es weiter? Unser Ratgeber.
Laut einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) konnten Banken und Sparkassen von Januar bis Oktober 2021 im Neugeschäft einen Umsatz von 235 Milliarden Euro erzielen. Dies sind sieben Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Trotz des nachgelassenen Wachstums im Herbst rechnen die Analysten deshalb mit einem neuen Rekordjahr bei Baufinanzierungen.
Insgesamt liegt der Bestand der Baufinanzierungen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2021 bei 1,47 Billionen Euro. Er übertrifft damit laut PwC bereits das Gesamtvolumen des Vorjahres von 1,39 Billionen Euro. In Anbetracht der anhaltenden Niedrigzinsphase sind Bau- und Immobilienkredite für Banken somit zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Die niedrigen Zinsen und die starke Konkurrenz führen jedoch zu geringen Margen.
Inflation macht Immobilien attraktiv
„Niedrige Zinsen, eine hohe Sparquote und steigende Inflationsraten dürften sich weiter günstig auf den Wachstumstrend bei Baufinanzierungen auswirken“, erklärt Tomas Rederer, Partner bei PwC Deutschland. Hinzukommt die hohe Inflation, die immer mehr Menschen dazu bewegt, in Immobilien zu investieren. Dies ist, wie verschiedene Angebote zur Baufinanzierung im Vergleich zeigen, bei guter Bonität der Kreditnehmer derzeit noch zu Zinssätzen von unter einem Prozent möglich.
Im Jahr 2022 werden die Zinsen für Immobilienkredite mit der Inflation voraussichtlich auch etwas anziehen. „Ich rechne damit, dass die Zinsen für Baufinanzierungen im kommenden Jahr um 0,25 bis 0,5 Prozentpunkte steigen“, erklärt Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzberatung. Trotzdem werden die Konditionen laut ihm aber noch immer „traumhaft“ bleiben. Kurz- und mittelfristig sind Zinsen von mehr als drei Prozent in Deutschland nicht zu erwarten.
Geldpolitik der Zentralbanken
Verantwortlich für die in den kommenden Monaten sehr wahrscheinlich steigenden Zinsen bei Baufinanzierungen ist die Geldpolitik der Zentralbanken. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat bereits mehrere Zinserhöhungen für 2022 signalisiert. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) möchte das Corona-Notkaufprogramm für Anleihen Ende März beenden, weil sie für das kommende Jahr eine hohe Inflation erwartet.
Auch das Trendbarometer des Unternehmens Interhyp geht von steigenden Zinsen bei Immobilienkrediten aus. Laut Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr ist mittelfristig mit einem leichten Anstieg der Bauzinsen „im Bereich mehrerer Zehntelprozentpunkte“ zu rechnen.
Lange Zinsbindung bei Baufinanzierungen
Finanzexperten empfehlen angesichts der bald steigenden Zinssätze beim Abschluss eines neuen Immobilienkredits eine möglichst lange Zinsbindung. Diese erhöht die Gebühren zwar leicht, kann in der Zukunft aber böse Überraschungen durch hohe Zinsen verhindern. „Weshalb das Risiko eingehen und die heute noch sehr guten Zinsen für langfristige Zinsbindungen nicht mitnehmen?“, fragt Herbst.
Fokus auf Eigenkapital statt Kreditzinsen
Laut Mohr sollten sich Interessenten durch die schwankenden Kreditkonditionen nicht verunsichern lassen. Deutlich wichtiger als ein paar Zehntelprozentpunkte sind laut der Finanzexpertin eine solide Immobilie und eine stabile Finanzierung. „Eigenkapital und Höhe der Tilgung sollten so gewählt sein, dass bei Ablauf der Zinsbindung schon so viel abbezahlt ist, dass die Finanzierung auch bei einem Zinsanstieg gut leistbar bleibt“, empfiehlt Mohr.
Dies bestätigen auch Daten von anderen Unternehmen, die zeigen, dass der Effekt der Bauzinsen von vielen Laien überbewertet wird. Bei den meisten Interessenten in Deutschland sind die hohen Eigenkapitalanforderungen und nicht die Monatsrate das Problem.
Immobilienkredit mit Puffer kalkulieren
Problematisch sind steigende Zinsen, wenn die Finanzierung der Immobilie ausläuft und diese noch nicht vollständig abbezahlt wurde. Besonders bei knapp kalkulierten Krediten ohne Puffer kann bereits ein Anstieg um einige Zehntelprozentpunkte dazu führen, dass die Finanzierung nicht mehr gestemmt werden kann. Ein Zinsanstieg um 0,2 Prozent erhöht laut FMH-Gründer Max Herbst bei einer Finanzierung über 400 000 die Monatsrate um 67 Euro. „Wenn die Finanzierung daran scheitert, sollte man es lieber gleich bleiben lassen“, so der Experte.
Aktuell ist deshalb einer der wohl besten Zeitpunkte zum Abschluss eines Forward-Darlehens, mit dem sich Immobilienkäufer mit einer bereits laufenden Finanzierung das aktuelle Zinsniveau für ihre Anschlussfinanzierungen gegen eine geringe Gebühr sichern können. „Hier können bis fünf Jahre im Voraus die niedrigen Zinsen mit zurzeit niedrigen Forwardaufschlägen gesichert werden“, erklärt Ditmar Rompf, Vorstandschef beim Baufinanzierer Hüttig & Rompf.