Verkehrte Welt, Negativzinsen und Strafzinsen für Sparer und Anleger. Hauskäufer und Bauherren freuen sich.
In der Banken- und Kreditwelt waren bestimmte Dinge bis vor einiger Zeit absolut klar: Wird gespartes Geld auf einem Sparbuch deponiert, bekommt der Sparer hierfür Zinsen. Möchte sich ein Bankkunde hingegen Geld leihen, kostet sein Darlehen Zinsen. Seit einiger Zeit scheint die Kredit- und Bankenwelt nun allerdings Kopfzustehen: In Dänemark beispielsweise werden Negativzinsen auf Baudarlehen angewendet, und in Deutschland müssen Sparer für deponiertes teilweise Strafzinsen zahlen. Ergibt sich hieraus vielleicht, dass eine Hausfinanzierung auch in Deutschland bald mit Minuszinssatz möglich wird?
Günstige Kredite – teures Sparen
Dagobert Duck, die berühmte Comicfigur, die gern in einem eigenen Geldspeicher badete, gab vielen Menschen lange Zeit Rätsel auf: Welchen Sinn soll es haben, sein Geld in einem Speicher aufzubewahren, wenn man doch auf der Bank Zinsen dafür erhalten kann? Mittlerweile lässt sich das Verhalten des Comic-Enterichs jedoch zunehmend verstehen. Schließlich müssen Kunden einiger Banken, die ihr Erspartes bei einem Geldhaus deponieren, Negativzinsen zahlen. In Deutschland erheben bereits rund 100 Banken eine solche Guthaben-Gebühr.
Allerdings könnte diese Niedrigzinspolitik, die vor allem Sparern Kummer bereitet, zu einem echten Gewinn für Kreditnehmer werden. Denn während Bankguthaben Geld kosten, sind die Kreditzinsen gleichzeitig besonders günstig. Das kommt insbesondere den Kreditinteressenten entgegen, die sich mit dem Gedanken größerer Investitionen tragen. Dazu gehört unter anderem natürlich auch der Erwerb von Wohneigentum – vor allem in aufstrebenden deutschen Kleinstädten, da hier die Immobilienpreise zumindest bislang noch nicht explodiert sind. Steht also beispielsweise der Kauf von Immobilien in Hameln oder der Bau eines Eigenheims in der bayrischen Provinz an, kommen günstige Zinsen durchaus gelegen. Außerdem lassen sich so auch jetzt noch teure Altkredite mit Hilfe eines sogenannten Forward-Darlehens in nicht allzu langer Zeit zinsgünstig prolongieren.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Kredite bald nicht nur günstig, sondern für den Verbraucher noch attraktiver zu haben sind. Wären nämlich auch Negativzins-Kredite für den Hausbau oder den Immobilienkauf verfügbar, müssten die statistisch stetig steigenden Häuserpreise quasi niemanden mehr schrecken.
Wie könnten Negativzinsen für Immobilienkredite zustande kommen?
Kreditinstitute, die ihre überschüssige Liquidität bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, müssen beim Überschreiten einer gewissen Grenze Zinsen an die EZB entrichten. Um dies zu vermeiden, nähern sich manche Banken bei Immobilienfinanzierungen inzwischen der Null-Zins-Grenze. Dies ist weitaus sinnvoller, als der EZB Strafzinsen zu zahlen. In anderen Ländern ist dieser Trend sogar extremer als hierzulande. So bot die dänische Jyske Bank beispielsweise Baudarlehen zu einem Zinssatz von minus 0,5 Prozent an.
Baufinanzierung zum Nulltarif bald auch in Deutschland?
Eine größere Investition tätigen und für Kredite eine zusätzliche Prämie kassieren – das wäre auch für Immobilienkäufer und Bauherren in Deutschland ein echter Traum. Trotz Negativzinsen auf Sparguthaben und niedriger Kreditzinsen zahlen Banken für die Kreditvergabe – zumindest aktuell – aber noch nicht darauf.
Schließlich müssen sogar die Kunden der dänischen Jyske Bank trotz Minuszins nicht weniger an die Bank zurückgeben, als sie sich geliehen haben. Durch den gewährten Negativzins sinkt der Restschuldbetrag pro Monat zwar mehr, als die faktisch gezahlte Rate ausmacht. Nichtsdestotrotz zahlen Kunden aber letztlich nicht weniger zurück als sie geliehen haben. Vielmehr gleicht die Bank den Minusbetrag durch berechnete Gebühren und Spesen wieder aus.
Was Kreditnehmer in Deutschland aber dennoch hoffen lässt: Die deutsche KfW hat ihre Computersysteme bereits vor einiger Zeit auf Negativzinsen für Kredite umgestellt. Kreditnehmer hoffen darum, dass sie sich auf die Auszahlung von Kreditaufnahmeprämien vorbereitet.
Bei der KfW bald Prämien für Kredite kassieren?
Tatsächlich hat die KfW ihre internen IT-Systeme vor einiger Zeit auf negative Kreditzinskonditionen umgestellt. Zu bedenken ist jedoch: Letztlich ist es nicht die KfW, sondern es sind die Sparkassen und Banken, die Immobilienkredite an Privatkunden vergeben. Die KfW tritt dabei nicht als direkter Kreditgeber für Privatkunden, sondern als Kapitalgeber für Banken auf. Aufgabe der KfW-Bank ist es in diesem Zusammenhang nämlich, Gelder an Sparkassen und Banken auszugeben, damit diese sie dann (gegen einen Aufschlag) an Privatkunden weiterverleihen.
Da die KfW für den privaten Kreditnehmer so nur indirekt eine Rolle spielt, ist es eher unwahrscheinlich, dass auch der Kreditnehmer von Negativzinsen für Immobilienfinanzierungen profitieren kann. Viel wahrscheinlicher ist es hingegen, dass die Margen, die Banken für die Vergabe von KfW-Kredite erhalten, stattdessen steigen. Obwohl direkte Negativzinsen darum wohl nicht beim Endkunden ankommen werden, ist dennoch nicht ausgeschlossen, dass Verbraucher auf andere Weise von Minuszinsen profitieren. Insbesondere im Rahmen von Förderkredite könnten sich Negativzinsvorteile nämlich bemerkbar machen.
Die KfW als staatliches Institut hat nämlich die Möglichkeit, Minuszinsen zur eigenen Refinanzierung zu nutzen. Diesen Vorteil kann die KfW durch Vergabe von besonders kostengünstigen Förderkrediten weitergeben. Obwohl dabei auch diejenigen, die den Immobilienkauf per Förderkredite finanzieren, mit niedrigen Zinssätzen rechnen müssen, kann durch Zuschüsse bei einigen Förderkreditprogrammen dennoch ein „faktischer Negativzins“ anfallen. Insbesondere im Bereich Klimaschutz sind solche Zuschüsse vorgesehen.