Sie fühlen sich durch das Bauvorhaben Ihrer Nachbarn benachteiligt? Als Nachbar können Sie einen Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen.
Wo, wann und wie in Deutschland gebaut werden darf, ist ganz klar gesetzlich festgelegt. Das entsprechende Antrags- und Genehmigungsverfahren ist standardisiert.
Am Ende dieser Antragsstrecke steht schließlich die Baugenehmigung – die Lizenz zum Erfüllen der persönlichen Träume sozusagen. Doch was des Einen Traum kann durchaus des Anderen Albtraum sein. Zum Beispiel der vom Nachbarn. Wenn dieser sich durch das Bauvorhaben in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt, hat er die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Baugenehmigung einzulegen. Wir erklären den gesamten Prozess.
Den Antragsprozess zur Baugenehmigung verstehen
Um die Möglichkeit zum Widerspruch zu verstehen, muss zunächst einmal die in Deutschland standardisierte Antragsstrecke zur Baugenehmigung nachvollzogen werden können.
Um eine Baugenehmigung zu erhalten, muss vorab ein Bauantrag schriftlich bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden. Zuvor sollte der Bauherr alle Einzelheiten des Bauvorhabens mit seinem Architekten geklärt haben. Der Architekt kann dann den endgültigen Bauentwurf erstellen und alle erforderlichen Unterlagen beim zuständigen Bauamt einreichen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Unterlagen vollständig sind und keine Mängel aufweisen, da sonst der Bauantrag abgelehnt werden kann.
Wichtig: Das Baugenehmigungsverfahren ist grundsätzlich Angelegenheit der Bundesländer.
Die Bauvoranfrage (optional)
Der Bauherr hat die Möglichkeit, vor Einreichung des Bauantrages eine schriftliche Bauvoranfrage bei der Bauaufsichtsbehörde zu stellen. Eine Bauvoranfrage ist sinnvoll, um zu erfahren, ob das Grundstück so bebaut bzw. wie bebaut werden darf. Der Vorbescheid gilt drei Jahre und kann auf Antrag jeweils bis zu einem Jahr verlängert werden.
Bauantrag & Baugenehmigung
Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen bedürfen der Baugenehmigung. Um eine Baugenehmigung zu erhalten, muss vorab ein Bauantrag schriftlich bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden.
Wird innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung nicht mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen, so erlischt sie. Die Genehmigung kann auf schriftlichen Antrag jeweils bis zu einem Jahr verlängert werden.
Die jeweilige Landesbauordnung (LBO) gibt vor, wie ein Bauwerk ausgeführt werden muss. Des Weiteren sind in ihr enthalten, welche Bauvorhaben genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei sind. Die Landesbauordnung ist je nach Bundesland unterschiedlich und kann kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden.
Mit dem Bauantrag sind bei der zuständigen Behörde folgende Unterlagen einzureichen:
- Übersichtplan, Flurkartenausschnitt
- Bauentwurfsskizze
- Baubeschreibung
- Angaben des geplanten bebauten Flächenumfangs
Die Bearbeitung des Bauantrages kann einige Monate dauern, deshalb sollte der Bauantrag rechtzeitig gestellt werden.
Bei den Bauvorlagen ist sich an die Bauprüfverordnung (BauPrüfVO) zu halten. In ihr ist geregelt, welche Bauvorlagen der Bauaufsichtsbehörde vorgelegt werden müssen und welche Inhalte diese haben. Die Bauprüfverordnung kann man sich für das jeweilige Bundesland kostenlos im Internet herunterladen.
Gebühren
Für Amtshandlungen der Bauaufsicht werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Gebührenverzeichnis und ist in der Baugebührenordnung (BauGO) geregelt. Diese kann man sich für das jeweilige Bundesland im Internet kostenlos herunterladen.
Einer Baugenehmigung widersprechen – das müssen Sie beachten
Ihr Nachbar hat den zuvor beschriebenen Prozess durchlaufen und beginnt mit seinem Bauvorhaben. Sie sind verärgert und fühlen sich – etwa durch zu dicht an der Grundstücksgrenze geführte Baumaßnahme – in Ihren Rechten verletzt. Was jetzt tun?
Grundsätzlich gilt: Ein Nachbar hat nur Anspruch auf Einsicht in die Bauakten eines angrenzenden bzw. benachbarten Grundstücks, so lange er in seinen Nachbarrechten verletzt sein kann. Dies ist z. B. bei einer laufenden Baumaßnahme der Fall. Bei berechtigten Zweifeln kann dann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Dieser Widerspruch löst eine Verpflichtung für die Bezirksverwaltung aus, die erteilte Baugenehmigung zu überprüfen.
Weiterhin ist zu beachten: Der Widerspruch bedeutet nicht automatisch das vorzeitige Ende der Bauarbeiten. Hierfür muss der sogenannte Eilrechtschutz in Anspruch genommen werden. Der Nachbar stellt dabei einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. In der Folge müssen dann die Bauarbeiten ruhen, bis die Rechtslage geklärt werden konnte.
Für den unerfahrenen Privatmenschen ist es recht schwierig, die entsprechenden Anträge rechtskonform zu stellen. Wir empfehlen daher, einen Experten zu konsultieren, zum Beispiel einen Anwalt für Baurecht in Erlangen.
Widerspruch bei bestehenden Gebäuden
Auch bei bereits errichteten Gebäuden besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Dies ist beispielsweise dann erfolgversprechend, wenn das Gebäude baurechtswidrig errichtet wurde. Auch hier sollte ein Anwalt beratend zur Seite stehen. So können etwa nicht beachtete Brandschutzvorschriften oder eine Diskothek in einem Wohngebiet Gründe dafür sein, den bereits begonnenen Bau zunächst stillzulegen.
Grundsätzlich sollte immer so frühzeitig wie möglich eingeschritten werden, wenn die Vermutung eines rechtswidrigen Bauvorhabens besteht. Hierfür kann Akteneinsicht bei der zuständigen Behörde beantragt werden.
Einige Landesbauordnungen sehen unter bestimmten Umständen die Beteiligung der Nachbarn im Baugenehmigungsverfahren vor, bei anderen erfolgt eine solche Beteiligung jedoch nicht. Betroffene sollten sich daher selbst frühzeitig über Planungen auf dem Nachbargrundstück erkundigen.
Schließlich besteht noch die Möglichkeit einer „Drittanfechtungsklage“ vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Diese ist insbesondere dann sinnvoll, wenn bereits eine Baugenehmigung erlassen wurde. Allerdings hat die Drittanfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung.
Anmerkung der Redaktion: Der Autor dieses Textes ist kein Steuerberater und auch kein Rechtsanwalt, sondern Wirtschafts- und Finanzjournalist. Finanzjournalisten ist rechts- und steuerberatende Tätigkeit per Gesetz untersagt. Der Text dient lediglich der Information von Steuerzahlern und (angehenden) Bauherren oder Immobilienkäufern. Eine Beratung oder gar konkrete Empfehlungen enthält der Text nicht. Diese sind auch nicht beabsichtigt. Obwohl die für den Text verwendeten Quellen als zuverlässig gelten, wird keine Garantie für die Richtigkeit übernommen. Die Ausführungen und Erklärung können und sollen das Gespräch mit einem Steuerberater und/oder Rechtsanwalt nicht ersetzen.