Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit wegen der Corona Pandemie – Millionen ArbeitnehmerInnen in Deutschland könnten betroffen sein, befürchten Experten. Was tun, falls die Baufinanzierung deshalb wackelt? Einige bewährte Tipps für den Fall der Fälle.
Die Bauzinsen sind nach wie vor (Stand: März 2020) historisch niedrig. Überdies fördert der Staat selbst genutzten Wohneigentums durch das Baukindergeld – immerhin 12.000 Euro je Kind, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem haben viele Häuslebauer und Wohnungskäufer Anspruch auf zinsgünstige KfW-Kredite. Folge: Das Gesamtpaket aus billigen Immobiliendarlehen, Baukindergeld und KfW-Förderung macht die Finanzierung eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung so günstig wie nie.
Deshalb erfüllen sich immer mehr Normalverdiener, meist jüngere Familien mit ein oder zwei Kindern, den Traum von den eigenen vier Wänden. Wer beispielsweise einen Immobilienkredit für 300.000 Euro vereinbart, dafür 1,5 Prozent Zins zahlen muss und 2,5 Prozent Jahrestilgung wählt, überweist seiner Bank oder Sparkasse dafür eine Annuität von 12.000 Euro jährlich. Umgerechnet 1.000 Euro im Monat. In vielen Großstädten und Metropolregionen sind die Mieten bei einer Immobilie mit vergleichbarer Größe und entsprechendem Komfort teils deutlich höher. Mit dem Unterschied, dass Mieter eben nicht Eigentümer sind und deshalb das Geld in die Tasche der Vermieter fließt. Der Bau eines Hauses oder der Kauf einer Wohnung ist deshalb auch eine besondere, weitgehend als sicher betrachtete Form der Vermögensbildung. Denn mit jeder Rate an ein Kreditinstitut wird das Immobiliendarlehen kleiner und der Eigentumsanteil am Haus oder der Wohnung größer.
Finanzielle Engpässe bei Kurzarbeit wegen Corona
Die niedrigen Finanzierungskosten machen den Erwerb von Wohneigentum selbst für Familien mit einem Alleinverdiener / einer Alleinverdienerin möglich. Erst recht, wenn beide Elternteile Vollzeit arbeiten oder einer Vollzeit und der andere einer Teilzeittätigkeit nachgeht. Allerdings scheinen nicht wenige Finanzierungen, so die Warnungen von Verbraucherschützern, eng auf Naht genäht. Hier geht es um Familien, bei denen das monatliche Haushaltsbudget nicht mehr viel Luft hat, sobald Zins, Tilgung und die Bewirtschaftungskosten für das Eigenheim berücksichtigt sind. Das gilt erst recht, sofern Unvorhergesehenes passiert – etwa die Waschmaschine irreparabel streikt, eine Autoreparatur nötig ist oder der Kühlschrank nicht mehr auf Touren kommt. Aus gutem Grund empfehlen Finanzierungsstrategen jedem Häuslebauer und Wohnungskäufer, mindestens zwei oder drei Netto-Monatsgehälter für den Fall der Fälle zurückzulegen.
Corona Pandemie als bedrohliches Ereignis
Doch was geschieht bei Ereignissen, die die gesamte Lebensplanung über Bord werfen können. Scheidung etwa, Tod eines Familienmitglieds oder auch – wie bei der Corona Pandemie – Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit. Besonders stark betroffen sind Familien, in denen gleich beide Ehepartner in einer heiklen Branche arbeiten. Etwa die eine als Reiseverkehrsfrau und der andere als Ingenieur bei einem Automobil-Zulieferer. In solchen Konstellationen erscheint Kurzarbeit obligatorisch und Arbeitslosigkeit leider nicht aus der Luft gegriffen. Denn das Kurzarbeitergeld beträgt Prozent des letzten Nettoeinkommens; sind Kinder da in der Familie immerhin 67 Prozent. Falls der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld nicht auf 90 Prozent aufstockt, wird’s in den meisten Familien finanziell sehr schnell eng.
Aber auch in anderen vergleichbaren Fällen kann die Finanzierung des Eigenheims oder einer Wohnung ordentlich ins Wackeln geraten. Was also tun, falls finanzielle Engpässe bei Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit wegen der Corona Krise bevorstehen oder bereits eingetreten sind?
Bei finanziellen Problemen umgehend die Bank informieren
Mit ihrer Unterschrift unter den Immobilienkreditvertrag sind Sie – auch wenn dies recht pathetisch klingt – ein oft mehrere Jahrzehnte dauernde Partnerschaft mit ihrer Bank eingegangen. Beide Seiten – also Sie und Ihr Geldgeber – sind an einem reibungslosen und problemfreien Verlauf der Immobilienfinanzierung interessiert. Nur dann hat die Bank so gut wie keine Arbeit und deshalb auch eine komfortable Gewinnspanne. Und Sie als Bauherr und Kreditnehmer haben die Sicherheit, dass das Häusle oder die Wohnung am Ende Ihnen und keinem anderen gehört.
Tipp: Beginnen Sie die Kommunikation mit Ihrer Bank oder Sparkasse so früh wie möglich – nicht erst einige Wochen, nachdem Sie bereits kurzarbeiten oder arbeitslos sind. Insbesondere aufgrund der Versuche, die Ausbreitung des Coronavirus‘ einzudämmen, ist in vielen Branchen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit absehbar, falls nicht bereits vollzogen. Deshalb suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit Ihrer Bank, sobald sich bei Ihnen finanzielle Probleme abzeichnen.
Ob Sie überhaupt oder unter welchen Voraussetzungen finanzielle Probleme bekommen könnten, erfahren Sie am besten durch einen sogenannten Kassensturz. Hier stellen Sie Ihre regelmäßigen und unabwendbaren Kosten – etwa für Zins und Tilgung, die Bewirtschaftung Ihres Eigenheims, Ihren Lebensunterhalt und für Versicherungsbeiträge – den jetzigen Einnahmen und den künftig wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit zu erwartenden Haushaltseinnahmen gegenüber. Auf diese Weise können Sie schnell die mögliche Unterdeckung Ihrer Haushaltsbilanz ermitteln, um auf dieser Grundlage Ihre Bank zu informieren.
Grundsätzliche Möglichkeiten, um eine Baufinanzierung bei finanziellen Problemen abzusichern
Bevor Sie ins Gespräch mit ihrem Finanzierungsberater beim Kreditinstitut einsteigen, einige Hinweise. Grundsätzlich gilt: Vorausschauende Bauherren und Wohnungskäufer stellen bereits bei den Verhandlungen über den Kreditvertrag die richtigen Weichen für den Fall der Fälle. Dies bedeutet, dass eine maßgeschneiderte Finanzierungsstrategie nicht nur einen möglichst niedrigen Darlehenszins hat, sondern dem Darlehensnehmer auch möglichst viel Flexibilität bieten sollte.
Zugleich sollten Sie nicht vergessen, dass jeder Fall anders gelagert ist. Ob und inwiefern eine Bank bei finanziellen Engpässen helfen kann, hängt immer vom Einzelfall ab. Hier drei denkbare Stellschrauben, damit Sie in der Zeit einer möglichen Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona Pandemie wieder festeren Boden unter die Füße bekommen.
Änderung des Tilgungssatzes verschafft finanziell Luft
Die Jahresrate, die Annuität also, die die Bank für die Kreditvergabe an einen Bauherren oder Wohnungskäufer erhält, setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Das ist zum einen der vereinbarte Zinssatz, andererseits eine bestimmte Tilgungsrate. Nehmen wir nun einmal an, der Bauherr oder Käufer hat ein Darlehen von 300.000 Euro erhalten. Er zahlt dafür 1,5 Prozent Kreditzins und 2,5 Prozent Tilgung. Die Jahresrate, die während der Zinsbindungsfrist immer gleich hoch bleibt, beträgt in diesem Fall 12.000 Euro. Umgerechnet auf den Kalendermonat sind es 1.000 Euro.
Wichtig und finanzmathematisch logisch: Da der Darlehensnehmer Monat für Monat, also mit jeder Rate, einen Teil seines Baukredits zurückzahlt, verschiebt sich mit der Zeit die Gewichtung von Tilgungsanteil und Zinsanteil. Je mehr die Zeit fortschreitet, desto höher ist der in Euro gerechnete Tilgungsanteil in der Monatsrate, umso niedriger der Zinsanteil. Mit der Zeit beschleunigt sich also das Tilgungstempo beim Baudarlehen.
Bei finanziellen Engpässen ist es möglich, den Tilgungsanteil an der Annuität zu reduzieren. In unserem Beispiel vielleicht auf 1,5 oder nur 1,0 Prozent vom Anfangsdarlehen. Dies könnte der Bauherrenfamilie in unserem Beispiel zumindest vorübergehend eine monatliche Entlastung zwischen rund 250 bis 375 Euro bringen.
Tipp: Vorausschauende Bauherren treffen bereits im Darlehensvertrag Vorkehrungen für den Fall der Fälle. Indem sie nämlich mit ihrer Bank oder Sparkasse eine zumindest einmal jährlich kostenfreie Änderung des Tilgungssatzes vereinbaren. So lassen sich befristete finanzielle Engpässe, etwa bei Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit aufgrund des Coronavirus´ überbrücken. Auch umgekehrt wird ein Schuh daraus. Denn falls das Haushaltseinkommen einer Bauherrenfamilie etwa durch einen Jobwechsel steigt, könnte der Tilgungssatz auch nach oben angepasst werden. Umso schneller wäre das Eigenheim schuldenfrei.
Tilgungsaussetzung beim Baudarlehen wegen finanzieller Engpässe
Neben der Herabsetzung des anfangs vertraglich vereinbarten Tilgungssatzes ist – zumindest theoretisch – auch die komplette Tilgungsaussetzung möglich. Dies könnte der Bauherrenfamilie im genannten Finanzierungsbeispiel ein paar Monate lang jeweils rund 600 Euro Ersparnis bringen. Vorausgesetzt selbstverständlich, dass Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit nicht gleich mehrere Jahre dauern, weil man die Corona Pandemie einfach nicht in den Griff bekommt. Wichtig: Ob die kreditgebende Bank oder Sparkasse tatsächlich einer kompletten Tilgungsaussetzung zustimmt, hängt selbstverständlich vom Einzelfall ab. Ein wichtiges Kriterium ist beispielsweise die Höhe des Eigenkapitals, das die Kreditnehmer seinerzeit in die Immobilienfinanzierung eingebracht haben. Beachtet werden überdies auch weiche Kriterien wie charakterliche Eigenschaften des Schuldners, Konsumfreudigkeit und Weiteres. Wichtig: Bei einer teilweisen oder kompletten Tilgungsaussetzung vergeht mehr Zeit, bis die eigenen vier Wände schuldenfrei sind.
Falls Kreditnehmern doch bei ihrem Institut auf völlig oder größtenteils taube Ohren stoßen, könnte auch die öffentliche Hand helfen. Und zwar durch den sogenannten Lastenzuschuss. Um was genau handelt es sich beim Lastenzuschuss, was verbirgt sich dahinter, wie hoch ist diese finanzielle Unterstützung des Staates und wer kann von ihr profitieren?
Was bedeutet Lastenzuschuss für Hauseigentümer?
Der Lastenzuschuss ist – vereinfacht ausgedrückt – das Wohngeld für Immobilieneigentümer. Unabdingbare Voraussetzung für das Wohngeld / den Lastenzuschuss ist, dass der Antragsteller ein Haus oder eine Wohnung selbst bewohnt. Somit profitieren vom Lastenzuschuss nicht Eigentümer von Mietobjekten. Rechtliche Grundlage für Lastenzuschuss und Wohngeld ist das Wohngeldgesetz (WoGG). Danach hat Anspruch auf Wohngeld (Mieter) bzw. Lastenzuschuss (Eigentümer), dessen Wohnkosten die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit überschreiten. So gibt es eine Reihe unterschiedlicher finanzieller Belastungen im Rahmen des selbst genutzten Wohneigentums. Welche dies sind, lesen Sie im Folgenden.
Welche finanziellen Belastungen sind durch den Lastenzuschuss förderfähig?
Im Zusammenhang mit dem selbst genutzten Wohneigentum gibt es bekanntlich eine ganze Reihe unterschiedlicher Kosten. Das WoGG gibt vor, welche dieser Ausgaben durch den Lastenzuschuss förderfähig sind. Im Einzelnen sind dies:
- Kreditzinsen und Kredittilgung im Zusammenhang mit dem Bau, dem Kauf oder der – im weitesten Sinne – Modernisierung bzw. Sanierung von Wohneigentum
- sogenannte Bewirtschaftungskosten, wozu auch die Ausgaben für Instandhaltung und Instandsetzung gehören
- Grundbesitzabgaben wie Grundsteuer
- Beiträge insbesondere für die Wohngebäudeversicherung
- unter bestimmten Umständen ein Teil der Heizkosten
Wer darf einen Lastenzuschuss beantragen?
In der Tat ist der Personenkreis, der laut WoGG Anspruch auf Wohngeld bzw. Lastenzuschuss hat, vergleichsweise groß. Immer vorausgesetzt, dass es sich beim Objekt um eine selbst genutzte Immobilie handelt. Die Details
- Wohnungseigentümer
- Hauseigentümer
- Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit mehr als drei Wohnungen; unter der Voraussetzung, dass der Eigentümer eine Wohneinheit selbst nutzt
- Bewohner einer Genossenschafts- oder Stiftswohnung
- Inhaber eines Erbbaurechts
- Menschen, die über ein Dauerwohnrecht bzw. ein Nießbrauchrecht verfügen
Wer hat keinen Anspruch auf Lastenzuschuss?
Nicht alle Hauseigentümer respektive Wohnungseigentümer haben Anspruch auf Lastenzuschuss. Ausdrücklich ausgeschlossen ist diese Form des Wohngeldes für Menschen, die …
- … ALG II beziehen
- … eine Grundsicherung im Alter bekommen
- … sogenanntes Sozialgeld erhalten
- … Transferleistungen wie Verletztengeld oder Übergangsgeld bekommen
- … Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind
Wie hoch ist der Lastenzuschuss für Wohneigentümer?
Sobald feststeht, dass der Haus- oder Wohnungseigentümer grundsätzlich Anspruch auf finanzielle Hilfe hat, geht es um Berechnung der Höhe des Lastenzuschusses. Diese hängt von unterschiedlichen Kriterien ab. Konkret:
- gesamte Höhe des sogenannten Haushaltseinkommens
- die Zahl der im Haushalt lebenden Menschen
- Höhe der Kosten im Zusammenhang mit dem selbst genutzten Haus bzw. der selbst genutzten Wohnung, die grundsätzlich bezuschusst werden können
Übrigens: Lastenzuschuss und Wohngeld können Sie beantrage bei der Wohngeldstelle Ihrer Gemeinde, Stadt oder Kreiserwaltung.
- Meiling, Andrea(Autor)
Fazit
Der Bau oder Kauf von Wohneigentum ist für meisten Menschen die mit Abstand größte Investition im Leben. Da sollte, da darf so gut wie nichts schiefgehen. Gleichwohl sollte sich jeder Bauherr oder Käufer auf die Eventualitäten des Lebens, auch den Ernstfall, so weit wie möglich vorbereiten. Dazu gehört vor allem, den Immobilien-Darlehensvertrag so flexibel wie möglich zu gestalten im Hinblick auf kostenfreie Sondertilgungen und die ebenfalls gebührenfreie Anpassung des Tilgungssatzes einmal im Kalenderjahr.
Resultieren mögliche finanzielle Engpässe etwa aus – hoffentlich – vorübergehender Kurzarbeit und/oder Arbeitslosigkeit wegen der Corona Pandemie, sollten Wohneigentümer so früh wie möglich das Gespräch mit ihrer Bank suchen. Die befristete Verringerung des Tilgungssatzes oder eine komplette Tilgungsaussetzung sind Möglichkeiten, finanzielle Engpässe für einen bestimmten Zeitraum zu überbrücken. Überdies haben nicht wenige Wohneigentümer Anspruch auf Lastenzuschuss, gleichsam das Wohngeld für Häuslebauer. Hier gibt es weitreichende Hilfsmöglichkeiten durch den Staat. Diese helfen, das Haus oder die Wohnung zu behalten.